Donnerstag, 12. August 2010

Teenie-Mütter in Argentinien


Ich kenne keine Statistiken, aber was mir in Buenos Aires fast als Erstes aufgefallen ist, sind die extrem vielen jungen Mütter. Und mit jung meine ich 13-18 Jahre. Natürlich gibt es auch genug Frauen, die warten, bis sie 24 sind, oder auch welche, die mit 30 ihr erstes Kind bekommen, genauso diejenigen, die gar keine Kinder haben wollen. Es ist nur im Vergleich zu Deutschland auffällig, dass es in Argentinien unter einigen Jugendlichen zum „Trend“ geworden ist Kinder zu bekommen. Im Vorhinein, ich möchte selbst jung Mutter werden (nein, nicht mit 16, sondern mit ca. 22). Ich habe also weder was gegen junge Mütter im Allgemeinen, noch gegen die Personen, die ich hier nenne. Es ist nur zum Teil ein wenig schockierend, was die Mädchen in Argentinien zum Teil tun, ohne zu wissen, was es für Folgen hat.
Nehmen wir meine Freundin Yanina. Sie ist mittlerweile 16, „damals“ war sie 15. Und schwanger, von ihrem Freund Ariel. Als dies ihrer Familie erzählte, flippte diese erst einmal aus – nein, nicht weil sie sich verzweifelt fragten, wie es denn jetzt weitergehen solle, sondern weil sie sich freuten. Yanina zweifelte vorher nicht eine Sekunde daran, dass es für alle eine gute Nachricht sein würde. Zu mir meinte sie: „Es bekommen doch alle ein Kind. Jetzt bin ich endlich auch an der Reihe!“ Ob es geplant war oder nicht, weiß ich nicht genau, aber ich vermute es mal sehr stark. Yanina wirkt nicht gerade erwachsen, sie machte auf mich eher immer den Eindruck des Mädchens, das nicht genau weiß, was sie will. Kurzer Rock, tiefer Ausschnitt, Markenturnschuhe („Ich trage nur Marken.“), außerdem jedes Wochenende und öfter bis 7 Uhr morgens in der Disco und nicht gerade unschuldig. Ariel geht nicht mehr zur Schule, aber arbeitet bei Burger King. Er freute sich unglaublich auf das Kind, wie der ganze Rest auch. Bis er, warum auch immer, die Beziehung beendete und seine Freundin alleine dastehen ließ. Diese suchte sich einen neuen Freund, dessen Ex-Freundin, oh Wunder, ebenfalls ein Kind erwartete (das Ganze passierte innerhalb einer Woche). Jetzt ist die kleine Yazmin da und was teilte mir die liebe Yanina per E-Mail mit? Ariel wollte die Kleine unbedingt sehen, und da er ja jetzt festgestellt hat, dass das Kind sein Ein und Alles ist, will er sich regelmäßig um sie kümmern. Yanina (sie hat sich übrigens wieder von ihrem neuen Freund getrennt) ist damit überhaupt nicht einverstanden, lässt Ariel aber. Ihre Familie ist nach wie vor froh und munter. Warum denn auch nicht? Yanina hat mit 15 die Schule abgebrochen, mit 16 ein Kind bekommen, keinen Mann (okay, jede Woche einen anderen) und meinem Eindruck nach ist die Familie auch nicht so reich, dass sie die kleine Yazmin einfach so finanzieren können.
Yanina ist natürlich kein Einzelfall, mittlerweile eher mehr oder weniger normal. Ein Freund von mir, Lucho, heulte sich bei mir aus, weil er ja single war und sich so sehr ein Kind wünschte. Lucho ist ebenfalls 16. „Ich will ein Kind, egal von welcher Frau!“, meinte er. Daiana, die Schwester einer Freundin, sie war damals 14 Jahre alt und hatte ihre „erste ernsthafte Beziehung“ meinte, sie müsse jetzt so wenig wie möglich essen, weil sie ja bald  bestimmt schwanger werden würde und dann kugelrund. Anmerkung: Daiana war nicht gerade groß und sowieso schon dürr. Sie wurde allerdings soweit ich weiß nicht schwanger.
Wenn Mütter um die 16 mit ihrem Kind (oder ihren Kindern, obwohl die meisten „Teenie-Mütter“ nach der ersten Schwangerschaft mit dem nächsten Kind allem Anschein nach erst einmal warten) in die U-Bahn oder in den Bus steigen, werden sie nicht schief von der Seite angeguckt, sondern erst einmal fangen alle an zu lächeln. Kinder, Jugendliche, Erwachsene. Haarspangen-Verkäufer, Anwälte oder auch Gruppen von Discogehern. Alle. Gut, kommen alle wohl damit zurecht und ist eben normal, dachte ich. Carolina allerdings, ebenfalls eine Freundin von mir, 34, verheiratet und drei Kinder (das erste hat sie mit 22 bekommen), findet es verantwortungslos und falsch, im Alter von z.B. 15 sein erstes Kind zu bekommen. „Aber das ist ja kein Wunder, so wie sich die Mädchen hier aufführen!“, meinte sie.
Ich kenne wirklich nur wenige „Fälle“ in Argentinien, wo die in-der-Jugend-Mutter-gewordenen immer noch glücklich mit Kind und dessen Vater sind. Letzterer ist meist längst weg – keinen Bock mehr, fremdgegangen, hat Angst bekommen oder verdient nicht genug Geld. Und so sehr deren Familien das süße kleine Kind feiern – die Mütter fragen sich nicht nur ab und zu, was gewesen wäre, wenn sie noch gewartet hätten.