Wenn man hierzulande an Argentinien denkt, fallen einem wahrscheinlich erstmal die Wörter „Tango“, „Steak“, „Fußball“ und vielleicht noch „Gaucho“ ein. Nachdem ich vor meiner Reise zahlreiche Reiseführer durchgelesen hatte, kam ich zu folgendem Urteil.
1. Die Argentinier essen nur Fleisch.
2. Die Argentinier sind arrogant.
3. Die argentinischen Männer sind Machos.
4. Die Argentinier lieben den Fußball, ausnahmslos.
5. Die argentinischen Frauen könnte man alle als „Tussis“ bezeichnen.
6. Die Argentinier gehen jeden Sonntag in die Kirche.
7. Die Argentinier zeigen ihr Geld.
Natürlich stimmt das nicht alles mit der Realität überein.
Meinen Erfahrungen nach ist die Wahrheit
1. Ja, die Argentinier essen viel Fleisch. Und ja, ich habe zugegebenerweise jeden Tag Fleisch zu mir genommen, wo ich doch in Deutschland noch nicht der größte Fan davon war. Und ja, das argentinische Fleisch, oder besser gesagt das auf die argentinische Weise zubereitete Fleisch, ist unglaublich lecker. Da hat es selbst mir nichts ausgemacht jeden Samstag und Sonntag gefühlte 10 Kilo Fleisch zu verdrücken. Der Begriff „Vegetarier“ ist in Argentinien natürlich bekannt, allerdings mit ungläubigen Blicken zu beurteilen. Sogesehen: Ja, die Argentinier lieben Fleisch und könnten größtenteils nicht ohne.
2. Man sollte zwischen Stolz und Arroganz unterscheiden. Natürlich würde ein Argentinier nie sagen: „Heute sehe ich aber sch**** aus!“, erst Recht nicht in aller Öffentlichkeit. Genauso wenig angebracht (als Ausländer) ist Kritik an dem Land. Das dürfen nur Argentinier, aber sie werden nach dem großen Fluchen auch betonen, wie sehr sie Argentinien doch lieben würden. Frauen sollten angeblich kaum reden und Kontakte vermeiden – davon hab ich nichts mitbekommen. Hm.
3. „Frauen gehören an den Herd!“, hört man ab und zu, aber der argentinische Machismo zeichnet sich durch (vulgäres) Komplimentemachen aus. „Wie schön du bist!“ an jeder Ecke ist da harmlos. Die Komplimente an die Frauen fallen oft zwar sehr poetisch, aber für meine Verhältnisse unverschämt aus. Die Herren würden mit allen Frauen ins Bett gehen, doch die Frauen nicht mit allen Herren – und das wissen Letztere. Man kann das Macho-Gehabe in Argentinien also auch mit Lust gleichstellen, nur dass es dort nicht schlimm ist, es der ganzen Straße mitzuteilen.
4. Kurz gesagt: Ich habe eine einzige Person kennengelernt, die keinen Fußball mag. Und deswegen hatte diese auch nicht viele Freunde.
5. Angeblich sind sie ja die Schönsten der Welt, und auch nicht selten operiert – ich allerdings habe nur wenige gesehen die mir möglicherweise operiert vorkamen. Die Argentinierinnen sind sehr hübsch, wissen größtenteils, wie man sich anzieht, aber sind nur selten überschminkt. Es gibt kleine Grüppchen von Mädchen, die alle gleich aussehen: Jogginghose, Lacoste-Polohemd und nur Farbe im Gesicht. Aber im Großen und Ganzen zeigen die Argentinierinnen viel Stil.
6. 90 % der Argentinier sind katholisch und 4 % protestantisch, wenn man Statistiken glaubt. Ich habe durchaus viele Leute kennengelernt, die jeden Sonntag zur Messe gehen, aber sogesehen sind die meisten dafür a) zu faul oder b) sehen keinen Sinn darin. Denn: man ist getauft, geht an Weihnachten, Ostern, von mir aus auch Fronleichnam, an Taufen und Kommunionen in die Kirche, und dann brauch man kein schlechtes Gewissen mehr zu haben. So denken wohl die meisten dort!
7. Wenn sie welches haben, ja. Wenn nicht, JA! Man könnte sagen: Je weniger Geld im Haus, desto mehr Markenklamotten. Besonders beliebt bei der Mittel- und Unterschicht sind Sportmarken. Die Oberschicht steht auf Teureres. Und natürlich muss es immer das Neueste Handy sein, auch wenn man Geldprobleme hat.